Heute schreibe ich über die „Gorges de Galamus„, laut Wikipedia „die Schluchten von Galamus„.
Es ist reiner Zufall, dass ich diesen wunderschönen Ort gefunden habe. Am 29. März dieses Jahres war ich auf der Reise von Spanien nach Deutschland. Ich wollte bei Bayern die Grenze überqueren und musste deshalb ein ganzes Stück am Mittelmeer entlang.
Ein oder zwei Tage vorher hatte ich die spanisch-französische Grenze am Mittelmeer überquert. Dann lag die französische Großstadt Perpignan vor mir. Diese wollte ich unbedingt umgehen. Also bin ich in die französischen Pyrenäen gefahren, meist auf kleinen Seitenstraßen. Das ist langsamer, aber schöner.
Hier kam es dann zu einem außergewöhnlich skurrilen Treffen mit einer Esoterikerin. Das muss ich auf diesem virtuellen Papier in Stein meißeln:
Wenige Tage vorher hielt ich an einem Parkplatz über dem Meer auf einer Klippe. Dort lief ein Dackel herum und Lotte näherte sich interessiert. Ich kam mit den Besitzern ins Gespräch: „Magda“ aus Frankreich und ihr amerikanischer Freund „Bill“, beide um die 70 Jahre alt. Wir unterhielten uns auf Englisch bestimmt eine halbe Stunde. Wir tauschten Telefonnummern und die beiden fuhren weiter Richtung Süden und ich Richtung Norden.
Nach 2 Tagen bekam ich von den beiden eine Einladung zum Abendessen in Magdas Haus in einem kleinen pyrenäischen Bergdorf. Ich fand dort einen schönen Platz zum Übernachten und schlenderte abends mit Lotte zu ihrem Haus. Wir hatten einen netten und interessanten Abend zusammen. Irgendwann nach dem Essen zeigte mir Bill ein Buch mit französischem Titel, den ich nicht lesen konnte. Ich fragte, was das für ein Buch sei. Er antwortete ganz stolz, Magda habe es geschrieben. Auf meine Frage nach dem Inhalt sagte er: „Lebenserfahrung„. Ok, ich fragte nicht weiter und ging irgend wann zurück zum Wohnmobil.
Am nächsten Morgen trafen wir uns, um mit ihrem Auto einen kleinen Ausflug in ein Nachbardorf zu einem Hippiemarkt zu machen. Ich schaute mich dort ein wenig um, trank einen Kaffee und nach 2 Stunden fuhren wir zurück. Das Buch ging mir nicht aus dem Kopf und ich wollte jetzt Genaueres darüber wissen. Ich fragte Magda, was genau der Inhalt sei. Sie sagte, es ging um ihre Erfahrungen mit Spiritualität und der Geisterwelt. Ich wurde aufmerksam, das war mein Reizthema.
Darauf fragte ich, ob sie gläubig sei und einer Kirche angehöre. Antwort: „Man muss nicht in der Kirche sein, um gläubig zu sein!“ Meine Alarmglocken schrillten jetzt. Wie oft hatte ich einen solchen Schmarrn schon gehört. Und wenn man weiter nachfragt, kommt immer ein phantastisches Szenario der Geisterwelt, aber von jedem anders erzählt. Setzt man mehrere dieser Esoteriker an einen Tisch, dann schlagen sie sich nach einiger Zeit vermutlich die Köpfe ein, weil jeder sich ein anderes Glashaus im Kopf zusammen gebaut hat und sie dabei ausgesprochen intolerant sind.
Ich versuchte zu erfühlen, wie weit Magdas Toleranz ging und erklärte, dass ich Agnostiker sei. Dann brachen bei ihr alle Dämme. Schon leicht belehrend und etwas forscher fing sie an zu erklären: „Jeder Mensch besitzt von Geburt an 3 Schutzengel. Die verstorbenen Angehörigen kommen im Laufe des Lebens als Schutzengel dazu!“
Ich dachte: „Was für einen Unsinn hat sie sich denn da zurecht gelegt? Wie viele „Schutzengel“ wird es dann wohl geben?“ Was mich daran aber am meisten störte, war die Tatsache, dass sie nicht im Konjunktiv redete, sondern ihre Vorstellungen alternativlos in Beton goss.
Ich warf ein kleines Steinchen auf das Glashaus und antwortete amüsiert: „Magda: Wenn ich in der Küche mit meiner Freundin Spontansex im Stehen habe, möchte ich bestimmt nicht, dass meine verstorbene Mutter daneben sitzt und zusieht. Wovor sollte mich mein „Mutterschutzengel“ in dieser Situation auch beschützen? Oder wissen die Geister, wann man unpässlich ist und sie sich zurück ziehen sollen?“
Seit mir bitte nicht böse für diese Obszönität. Aber mir fiel in dem Moment nichts „Schlechteres“ ein.
Das Glashaus stürzte ein. Es wurde nicht mehr geredet. Nach 10 Minuten wurde ich an meinem Wohnmobil abgesetzt und hörte nie wieder etwas von Bill und Magda.
Ich habe schon öfter solche Erfahrungen mit Esoterikern gemacht. Meist sind sie von Intoleranz geprägt und verurteilen anders Denkende.
Was soll’s? Weiter mit dem Reisebericht.
In Saint Paul de Fenouillet kam ein Hinweisschild: Rechts abbiegen zur Eremitage de Galamus. Ich dachte, wenn ich eines habe, dann ist das Zeit, also hin. Die Straße führte bergan in die Schlucht des Galamus und wurde immer enger, bis nur noch ein Auto durchpasste. Es war sehr wenig Verkehr auf der Straße. Wenn ein PKW entgegen gekommen wäre, hätte einer zurück setzen müssen, bis zur nächsten Ausbuchtung.
Nach ca. 5 Kilometern kommt man an diesen Parkplatz. Weiter sollte man auch nicht fahren, wenn der PKW oder das Wohnmobil höher als 2,20 m ist. Circa 100 Meter weiter kommt ein in den Felsen gesprengter Tunnel mit dieser maximalen Durchfahrthöhe.
Der Parkplatz ist gut geeignet zum Übernachten, sehr ruhig. Es gibt auch eine kleine Gastronomie. Der Blick in die Schlucht und hinüber zur Ermitage ist phantastisch. Vom Parkplatz führt ein Wanderweg hinüber zur Eremitage. Man kann aber auch über die Straße gehen und kurz hinter dem Tunnel eine Treppe zur Eremitage hinab steigen.
Ich benutzte mit Lotte den Wanderweg. Was ist eine Eremitage? Eine Einsiedelei. Und diese hier hat ihren Namen von dem Troubadour Gadamus (später Galamus). Er lebte um das Jahr 1100 herum und zog mit seinem Freund Gilles Montardel von Schloss zu Schloss. Auf Schloss Puilaurens verliebte er sich in die schöne Sylvaine, laut der Sage. Als er mit Gilles weiterzog, wurden sie im Wald überfallen und Gilles tödlich verletzt. Im Sterben versprach im Galamus, nach Jerusalem zu pilgern und für ihn am Grab Jesu zu beten.
Als er nach einem Jahr aus dem heiligen Land zurückkam fand er auch seine geliebte Sylvaine verstorben vor. Aus Trauer zog er sich bis zum Ende seines Lebens in die Einsiedelei zurück. Das ist natürlich eine Sage. Genauer kann man die Geschichte auf der Fremdenverkehrsseite der Stadt Rennes-Le-Chateau nachlesen.
In der Eremitage befindet sich eine Felsenkirche, die schon im 8. Jahrhundert als Einsiedelei genutzt wurde.
Und Lotte darf natürlich nicht fehlen…