Reise ins Ungewisse

Wie alles begann…

Ich lebte bis Ende 2015 für einige Jahre auf Mallorca. Erst war es wie ein Traum, dann traten einige Veränderungen in meinem Leben ein. Und irgendwann wollte und musste ich weg von der Insel. Es gab hier so viele Enttäuschungen. Von den vermeintlichen Freunden war nicht einer dabei, für den es sich gelohnt hätte, auf der Insel zu bleiben.

Im November 2015 gab ich meine Wohnung auf Mallorca auf, verkaufte alles und flog mit Lotte zurück nach Deutschland. Um genau zu sein, nach Düsseldorf. Ich bekam Asyl bei einer Freundin und konnte dort mit Lotte im Gästezimmer übernachten.

Die Entscheidung

Ich musste bis zum 01.01.2016 eine folgenschwere Entscheidung treffen: Ich könnte mir wieder irgendwo in Düsseldorf eine Wohnung nehmen oder kaufte mir ein Wohnmobil und würde solange reisen, bis ich den Ort an dem ich leben wollte, gefunden hatte. Nur gab es da das Problem mit der Wohnung: Was, wenn ich eine finden würde, einzöge und sie einrichten würde. Aber nach ein paar Tagen würde ich feststellen, dass ich mich unwohl fühlte und einen Fehler gemacht hätte. Ich könnte diese Entscheidung so nicht rückgängig machen, weil ich meine Ersparnisse in die Wohnung gesteckt hätte.

Das war die Ausgangssituation. Viel Zeit zum Überlegen hatte ich nicht, da meine Zeit im Gästezimmer begrenzt war. Ich machte es , wie ich einmal gelernt hatte, gute Entscheidungen zu treffen. Ich dachte nicht weiter nach über das Thema und ließ es einfach in mir arbeiten. Irgendwann würde ich morgens wach werden und wissen, was zu tun sei. So war es dann auch. An jedem Morgen bis zum 01.01.2016 wurde mir klarer, wo der Weg hingehen wird. Es wird eine Reise geben…

Das Wohnmobil

Am 02. Januar fing ich an, mich nach einem Wohnmobil umzusehen. Ich klapperte einige Händler ab und fuhr insgesamt ungefähr 2000 km durch die Republik, bis ich bei einem holländischen Händler das Passende fand. Anfang Februar holte ich den Camper dort ab und stattete das Fahrzeug in den folgenden 2 Wochen nach meinen Vorstellungen aus.

An einem verregneten Sonntag, dem 15.02.2016 ging dann die Reise für Lotte und mich los, vielmehr erstmal nur eine Fahrt. Ich spürte, dass das die beste von allen schlechten Alternativen für mich jetzt war. Trotzdem hatte ich einen großen Respekt und auch etwas Angst vor dem Start. Ich hatte Angst, die Einsamkeit vielleicht nicht aushalten zu können oder die Strukturlosigkeit nicht sinnvoll jeden Tag aufs Neue füllen zu können.

OK. das Wohnmobil war vorbereitet. Neuer Fernseher, ein Wechselrichter, 2 neue Aufbaubatterien und einen kleinen 1 KW-Stromerzeuger hatten wir auch dabei. Die Kleiderschränke waren voll mit Kleidung für jede Jahreszeit. Für Lotte waren 3 Bettchen an Bord.

Die Gnadenfrist

Mein erstes Ziel war Inzell in Südbayern. Eine Freundin, die dort lebt, wollte unbedingt das Wohnmobil sehen und für mich war das Ungewisse nochmal etwas in die Ferne gerückt. Auf dem verregneten Weg dorthin machte ich bei Ingolstadt einen Zwischenstopp zum Übernachten. Am nächsten Tag kam ich in Inzell an und hatte zwei schöne Wochen dort mit der Freundin. Das bedeutete aber auch wieder eine Galgenfrist für die eigentliche Aufgabe: Der Einsamkeit zu begegnen…

Nach den 2 Wochen dort, ließ sich meine Angst eine neue Ausrede einfallen: In Puerto de Mazarron überwinterte ein entfernter Bekannter mit dem Wohnmobil. Er brauchte ein Ersatzteil für seine Gasanlage und ich sollte es ihm bringen, da ich sowieso grob in diese Richtung wollte. Ich fuhr also in wenigen Tagen fast bis Südspanien nach Mazarron und stellte mich auf den Campingplatz bei diesem Bekannten. Ich mochte damals schon keine umzäunten Campingplätze, aber ich fühlte mich nicht allein.

Der wirkliche Beginn der Reise

Nach 3 Tagen dort, kam das böse Erwachen: Der Bekannte sagte, er wolle abreisen, nach Deutschland zurück fahren. Das war der Tag, an welchem meine Reise eigentlich wirklich los ging. Ich war plötzlich allein und musste damit klar kommen. Die ersten Tage verbrachte ich etwas außerhalb von Mazarron und diese Tage waren grausam. Ich hatte so gut wie keine Erfahrung mit dem Freistehen und Alleinsein.

Aber dann stellte sich langsam eine Gewohnheit ein. Ich fand heraus, dass es viele Freisteher gab, meist etwas abseits von den Städten. Ich begriff, dass es immer wieder Tage der Einsamkeit geben würde, aber auch genauso viele in Gesellschaft. Nach einigen weiteren Wochen des Sammelns von Erfahrung fing ich an, diesen Teil meines Leben auch ein Stück weit zu genießen und zu akzeptieren, dass auch mal ein schlechter Tag dabei sein wird. Auf diesen folgen aber wieder einige gute Tage…

Jetzt

Heute ist der 21.11.2020 und ich bin jetzt 1741 Tage unterwegs. Ich will nicht schummeln: Das war ich nicht ununterbrochen. Es gab ein paar Auszeiten bei der Freundin in Düsseldorf. Und seit einigen Wochen habe ich so etwas wie eine Wohngemeinschaft in der Nähe von Leipzig gefunden. Hier gibt es viel Arbeit in jeglicher Hinsicht für mich. Ich spüre, dass es mir gut tut, wieder etwas Struktur zu haben. Morgens stehe ich motiviert auf und freue mich auf meine Aufgaben. Es ist ein gutes Gefühl, abends bei einem Glas Wein sein Tageswerk begutachten zu können und zu denken: Heute habe ich etwas sinnvolles gemacht, was mich oder jemand Anders bereichert.

Dieses Gefühl hatte ich leider auch in meinem alten Leben sehr selten. Da ging es oft nur darum, den Tag tot zu schlagen. Bis auf wenige Ausnahmen waren meine Chefs eine Katastrophe. Die meisten waren hinterfotzig und krochen ihrem nächsten Vorgesetzten in den Arsch. Es stellt sich natürlich die Frage, waren es schlechte Chefs oder war ich der aufsässige Mitarbeiter? Aber das ist alles Vergangenheit.

Ich bin nur der, der ich eben bin. Meine Empfindungen und Bedürfnisse stehen nur ganz exklusiv mir zur Verfügung. Vielleicht erlebe ich in den letzten Wochen eine solche Lebenszufriedenheit, wie selten zuvor. Ich bedanke mich bei den Umständen für die Umstände. Und ich weiß, dass es ein Ende haben wird…

Wann geht es weiter?

Aber das ist auch nur ein vorübergehendes Asyl hier und wird sicherlich am Beginn des neuen Jahres bald zu Ende sein. Aber jetzt noch nicht… Ich genieße hier jeden Tag und habe keine Angst mehr vor der Veränderung.

Ich muss noch anmerken, dass mir während des Schreibens auffiel, dass es keine Artikel über „Inzell“ oder „Puerto de Mazarron“ und viele andere Orte und Abendteuer gibt. Ich habe diesen Reiseblog erst vor ca. 2 Jahren begonnen und bin jetzt fast schon 5 Jahre unterwegs. Es gibt noch viel zu schreiben im Reiseblog…

1 Gedanke zu „Reise ins Ungewisse“

  1. Hallo Hubert. Ich wünsche euch eine pannenfreie Reise und spannende Erlebnisse. Ich bin schon gespannt auf die Berichte über eure letzte Tour. Viel Glück👍

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