Jetzt bin ich bereits wieder seit drei Wochen in Polen unterwegs. Das ist wirklich ein wenig Abenteuer, da ich überhaupt nicht wusste, was mich erwartet: Wie ist die Mentalität der Menschen, wie kann ich mich verständigen oder wie ist es mit dem Freistehen im Camper und der Wasserversorgung? Wir werden sehen…
Ich habe die Reise in Polen begonnen, da wo ich sie für eine Woche Wandern im Harz unterbrochen habe: In dem Ort Wrzosowo an einem Binnensee, der ein Hotspot für Kitesurfer ist. Hier ist eine große Wiese für Freisteher. Ich habe bisher nur positive Erfahrungen gemacht mit Polen. Unter anderem habe ich an dem See Anreij, Jan und Robert kennen gelernt. Jan sprach deutsch, weil er dort lebt, die beiden Anderen sind von Stettin und sprechen englisch. Alle drei sind freundlich und ungewohnt hilfsbereit. Zu Robert entwickelte sich eine Freundschaft, er will mich im Herbst Richtung Spanien mit seinem Camper begleiten.
Es gab dann noch andere positive Kontakte zu Polen, über die ich im Laufe der Geschichte berichten werde. Alles in Allem hat mich diese Freundlichkeit und Hilfsbereitschaft etwas überrascht. So etwas habe ich so komprimiert in den sechs Jahren meiner Reise noch nicht erlebt.
Nach ein paar Tagen an dem See brach ich auf Richtung Osten, die Küste entlang Richtung Kolberg. Die Namen klingen deutsch. Die drei Regionen Pommern, Ostpreußen und daran anschließend Masuren an der weißrussischen Grenze waren ja auch deutsch. Und komischerweise zeigt Google Maps auch diese Namen an.
Ich fuhr also die beschwerliche Küstenstraße bis Kolberg. Beschwerlich deswegen, weil die polnischen Schüler gerade zwei Monate Ferien haben und man den Eindruck bekommt, dass alle an das Meer wollen. Also viele Menschen und viel Verkehr an der Ostsee.
In Deutschland denken immer noch Viele, in Polen würde alles gestohlen und die Straßen hätten Schlaglöcher, wie Bombentrichter. Falsch gedacht:
Die Hauptverbindungsstrecken sind mindestens so gut, wie in Deutschland. Die Nebenstraßen sind zur Hälfte in genau so gutem Zustand. Bei der anderen Hälfte muss man dem Wohnmobil etwas langsamer machen, da sie entweder eng sind oder wirklich in schlechtem Zustand sind. Aber die Straßen in Italien habe ich deutlich schlechter in Erinnerung.
Zur Kriminalität: Diese Rate ist in Polen wohl so niedrig, wie in kaum einem anderen europäischen Land. Man fühlt sich sehr sicher. Der Wohlstand kam, nach der friedlichen Revolution im Jahr 1990 ausgehend von Danzig federführend durch Lech Walesa, nach Polen zurück. Ich kann mich noch an die Bilder im Fernsehen von damals erinnern, wie die Hafenarbeiter in Danzig streikten.
Viele Polen kamen danach aus dem Ausland in ihre Heimat zurück, um im eigenen Land beim Aufbau zu helfen. Dementsprechend sehen die Ortschaften aus: Alles macht einen sauberen, gepflegten Eindruck.
Außerdem liegt die niedrige Kriminalitätsrate mit Sicherheit auch an der nicht vorhandenen Zuwanderung aus den arabischen Ländern. Ja, jetzt bin ich wieder ein Nazi und Ausländerfeind in den Augen von Anderen. Aber das sind nun mal Tatsachen, die viele Gehirngespülte nicht hören wollen. Dennoch ist es so… Und viele Polen, mit denen ich mich unterhalte, sind froh, dass es so ist, wie es ist in ihrer Heimat. Die Polen wissen ganz genau, wie drastisch die Problematik bezüglich Zuwanderung in Deutschland ist. Weshalb ich oft mitleidig belächelt werde.
Ich fuhr also bis Kolberg und entschied mich dann, etwas weiter im Landesinneren Richtung Osten zu fahren. Ich schaffte es in zwei Tagen bis in Nationalpark Narodowy. Dort fand ich einen ruhigen Parkplatz am Ende eines Feldweges am Eingang zum Park. Tagsüber parkten hier einige Wanderer und Radfahrer, aber abends wurde es still und ich war ganz allein. Ich war schon mittags an diesem Platz, machte das Fahrrad fertig und fuhr mit Lotte in den Park, einem typischen Kiefernwald der Ostsee. Wir fuhren entlang der Küste in den nächsten Badeort Rowy.
Auch der war voll mit Menschen. Jeder Badeort hat übrigens eine eigene Kirmes über die ganze Badesaison. Überall gibt es Restaurants, Hotels und Pensionen in diesen Badeorten. Was aber auffällt: Ich habe hier noch keine einzige Discothek gesehen.
Auf dem Foto seht ihr einen Campingplatz, wie es schlimmer nicht geht in Rowy.
Rowy liegt am Binnensee Gardno, welcher ein Wasservogelparadies ist. Eine Tour um den See ist circa 25 km lang, die ich dann auch zum Womo strampelte. Wie schon erwähnt, ich hatte überhaupt keine Bedenken, das Womo an diesem einsamen Parkplatz unbeaufsichtigt zurück zu lassen.
Als ich zurück war, machte ich Abendessen ich ging irgendwann zu Bett. Am nächsten Morgen schepperte es um 08:00 Uhr an der Tür, ich lag noch im Bett. Ich brauchte etwas Zeit, bis ich angezogen war und öffnete dann. Ein kleiner Dicker sprach mich direkt auf deutsch an, dass es verboten sei, hier zu übernachten. Ich erwiderte, dass ich keine Verbote gesehen hatte. Er sagte: Doch, auf dem Schild dort sei alles erklärt. Ich ging mit ihm hinüber und sagte, gar nichts sei erklärt. Lediglich das Betreten des Parks zur Nachtzeit sei verboten. Irgendwann mischte sich der größere etwas Jüngere auf Englisch ein: Er sagte schon leicht genervt, dass die scheuen Tiere auch vor fremden Gerüchen abgeschreckt würden. Ich weiß, dass ich fremd, wenn nicht sogar streng rieche, dachte ich mir. Aber so einen Unsinn hatte ich schon lange nicht mehr gehört. Da schieben ganze Familienclans ihre Kinderwagen durch den Park und schmeißen ihre leeren Haribotüten umher und er beschwert sich über meinen Geruch.
Jetzt platze mir der Kragen: Es brachte ja nichts, so bescheuert zu diskutieren. Ich wusste jetzt auch nicht mehr, was die Beiden von mit noch wollten. Also fragte ich, wie viel es kosten würde. Der kleine antwortete: „Gar nichts.“ Als ob ein Schalter umgelegt war, gingen die beiden zu ihrem Auto und verdufteten. Vielleicht hatten die beiden Ärger mit ihren Frauen und mussten Dampf ablassen.
Ok, es war Samstag und ich wollte am Sonntag Danzig besichtigen, was zu einer Katastrophe wurde. Aber darüber schreibe ich in den nächsten Tagen einen anderen Artikel.
Am Montag darauf erreichte ich die Stadt Elbing, eine Autostunde südöstlich von Danzig. Auf dem Parkplatz gegenüber der Altstadt stand ein alter VW-Bulli Camper. Als ich ausstieg, stieg ebenfalls ein Mann aus dem Bulli und kam auf mich zu. Er sprach mich auf Englisch an und wir plauderten ein wenig über das Reisen im Camper. Er stellte sich später als Lucasz vor.
Lucasz ist Geschichtslehrer an einer höheren Schule in Polen. Die zwei Monate Sommerferien nutzt er, um mit seinem Camper durch Europa zu reisen.
Wir gingen ein wenig durch die Altstadt Elbings. Die war nicht annähernd so schön, wie Danzig. Das hatte seinen Grund: Elbing war ebenfalls eine wichtige Handelsstadt und wurde komplett zerstört während des Krieges. Die Steine der zerstörten Häuser wurden nach Danzig gebracht, um dort die Häuser wieder aufzubauen. Die Fassaden von heute sind denen der alten Häuser nachempfunden, jedoch postmodern.
Lucasz sagte, er wolle das große Bauprojekt auf der Landzunge am „Frischen Haff“ besichtigen. Dort würde an einer Engstelle ein Kanal für schwere Schiffe gebaut, dass diese nicht mehr durch russische Gewässer müssen, um das Haff zu erreichen. Er wolle ein paar Tage dort bleiben.
Durch diese Landzunge verläuft die russisch-polnische Grenze, die nach dem 2.ten Weltkrieg wie eine gerade Linie von West nach Ost gezogen wurde.
Vor vier Tagen übernachtete ich im letzten Dorf vor der russischen Grenze, Nowa Karczma. Am Morgen fuhr ich mit dem Fahrrad zur Grenze mitten im Wald. Dorthin führen nur noch zwei Waldwege.
An der Grenze angekommen gibt es einen unbewachten Schlagbaum und dahinter steht ein Schild „Überqueren verboten“. Ein komisches Gefühl, hier an der russischen Grenze zu stehen. Ok, das haben wir jetzt auch gesehen. Lucasz erklärte noch, dass früher hier eine richtige Straße verlief. Das war der kürzeste und schnellste Weg von Berlin nach Königsberg.
Als ich morgens durch das Dorf fuhr, passierte etwas Lustiges: Zwei Wildschweine liefen am Wegesrand durch das Dorf und verschwanden im Schilf. Das scheint hier völlig normal zu sein.
Danach fuhr ich weiter Richtung Osten und fand einen wunderbaren kleinen Stellplatz in Pieniezno, auf dem ich zwei Tage verbrachte. Wiesiek, der Betreiber, erklärte mir, er sei nie in Deutschland gewesen. Er habe deutsch durch das Fernsehen gelernt. Dieser Stellplatz kostet € 10,- / Tag und sucht seines Gleichen. Er ist wie ein kleines Paradies im Grünen und alle Services sind inklusive.
Ich gab etwas mehr, weil er und seine Frau so nett waren. Sie schenkten mir zum Abschied ein Glas eingelegtes Gemüse. Ich kann nur jedem diesen Platz wärmstens empfehlen.
Sonst gibt es in dem Dorf nicht viel zu sehen, außer eine Burgruine des Deutschritterordens.
Die Wasserversorgung ist nicht ganz so einfach, wie in Frankreich oder Spanien. Man kann ab und zu bei einem Campingplatz nach Ver- und Entsorgung fragen oder eine Nacht verbleiben.
Freies Übernachten geht auch ganz gut, wenn es auch etwas beschwerlich ist, einen ruhigen Platz für die Nacht zu finden. Aber bisher habe ich immer einen gefunden. Nicht so auf der Landzunge: Man sollte die Parkplätze in den Badeorten meiden. Mit Sicherheit wird man dort bis in die Morgenstunden mit Technosound beschallt. Ich musste drei Mal spät abends den Standort wechseln und wich einen gebührenpflichtigen Waldparkplatz aus und hatte dann wenigstens Ruhe.
So, genug für heute. Demnächst geht es weiter mit „Danzig“ und danach „die Heiligelinde“ und natürlich der „Wolfsschanze“.