Als ich an Riga vorbei fuhr, telefonierte ich mit einer Freundin aus Deutschland. Sie sagte mir, als sie vor einigen Jahren eine Städtereise nach Riga machte, lernte sie auf dem Markt einen Deutschen kennen, der dort seinen selbstgemachten Käse verkaufte. Sie interessierte sich, wie er dorthin kam. Er antwortete, der Liebe wegen. Diese Anekdote ist wichtig für später…
Ich hatte Riga hinter mir gelassen und fand am 14. August einen einsamen Stellplatz im Wald bei Grimulda. Der Ort liegt circa 40 Kilometer nordöstlich von Riga.
Von dort führte ein Wanderweg ein Stück durch das hiesige Naturschutzgebiet entlang des Flusses Gauja.
Es gibt nicht viel zu sehen, aber die Umgebung ist schön. In dem verschlafenen Dorf Krimulda steht ein altes deutsches Herrenhaus mit Orangerie, wo oft Hochzeitsfotos gemacht werden.
Das Spektakuläre ist, dass gleich bei einer alten Burgruine eine Seilbahn über das tiefe Tal der Gauja führt.
Ich setzte mich auf eine Mauer und trank etwas. Lotte eierte dauernd mit vorbeikommenden Gondelfahrern herum. Ich ermahnte sie mehrfach, bis ich auf einmal auf deutsch angesprochen wurde. Der Mann stellte sich als Ralf vor. Wir unterhielten uns bestimmt eine halbe Stunde, weil ich seine Geschichte erfahren wollte, wie es ihn nach Lettland verschlagen hat.
Er lernte vor einigen Jahren Christine aus Lettland in Deutschland kennen. Sie arbeitete temporär dort. Die beiden verliebten sich und Ralf wollte sehen, wie sie dort lebt. Das gefiel ihm und er brach fast alle Zelte in Deutschland ab und zog zu ihr nach Lettland. Glücklicher Ralf, er kann seine Einkommen generierende Arbeit vom Rechner aus machen.
Zum Abschied nannte ich die Adresse dieses Reiseblogs, wo er auch meine Kontaktdaten finden könne, falls es von Interesse war.
Am nächsten Tag fuhr ich in die schöne Stadt Cesis, nicht weit entfernt. Dort steht mitten in der stadt eine zum Teil gut erhaltene Burgruine des Schwertbrüderordens. Dieser geistliche Orden war 1202 gegründet worden und sollte die Christianisierung Livlands vorantreiben. Der Orden überdauerte nur 35 Jahre, da er nach einer schweren militärischen Niederlage 1237 in den Deutschen Orden eingeglidert wurde. Da hat deren Burg länger durchgehalten.
Ich durfte sowieso nicht hinein, „Lotteverbot“. Aber der Park unterhalb der Burgruine ist zauberhaft. Ich spazierte bestimmt eine halbe Stunde umher und genoss die Ruhe und den Teich im Park, bis meiin Tellefon klingelte. Ralf war dran. Er fragte, ob ich nicht zu ihnen kommen wolle, heute abend würde er den Grill anmachen. Ich antwortete, dass ich bestimmt käme, aber noch nicht wisse, wann. Es könnte auch morgen sein.
Ich ging noch ein wenig durch den kleinen Innenstadtbereich von Cesis, wo es zu meinem Erstaunen wunderschöne, versteckte Lokale in Hinterhöfen gab. Also, wer einmal in der Nähe ist, unbedingt für einen Tag die charmante Stadt Cesis besuchen.
Es war früher Nachmittag, als ich zum Womo zurück kam und ich entschied mich, zu Ralf und Christine zu fahren. Sie wohnten etwa 25 Kilometer südöstlich in dem verschlafenen Ort Taurene.
Nach dem Grillen zeigte mir Ralf einen wunderschönen ruhigen Ort zum Übernachten. Ich stand ganz allein am See von Taurene auf einem Parkplatz.
Christine zeigte mir am nächsten Tag die älteste Holzkirche Lettlands und einen Platz, an welchem ich mit frischem Quellwasser meinen Wassertank auffüllen konnte. Weil es hier so nett war, blieb ich zwei Tage.
Die Holzkirche wurde 1780 erbaut und ist, weil sie eine der letzten Holzkirchen ist, von nationaler Bedeutung.
Ralf sagte, wenn ich wolle, könnte ich ich einen deutschen Freund von ihm auf einem Bauernhof besuchen. Er würde sich über Gäste freuen und würde seinen eigenen Käse herstellen und auf dem Markt verkaufen.
Zurück zu kommen auf den Anfang dieses Artikels, dachte ich mir: Hier wimmelt es ja von Deutschen, die ihren eigenen Käse herstellen.
Christine stellte den Kontakt her und ich plauderte kurz mit Steffen am Telefon. Nach 1 1/2 Stunden Fahrt kam ich auf seinem Hof an.
Die letzten Kilometer führten über Schotterstraßen in starkem Regen, weshalb ich für die kurze Strecke relativ lange brauchte. Die Schotterstraßen sind ein Grauen. Alles scheppert im Auto und man bekommt das Gefühl, dass das Womo sehr leiden muss.
Wir begrüßten uns und ich erzählte direkt die Geschichte, dass eine Freundin vor Jahren einen Deutschen auf dem Markt in Riga kennen gelernt habe, der seinen eigenen Käse dort verkauft. Steffen antwortete, das könne nur er sein. Dort gäbe es keine anderen Deutschen. Was für ein Zufall…
Ich blieb einen Tag auf seinem Hof, wir diskutierten pausenlos und ich merkte, wie Steffen den deutschen Besuch und Austausch mit mir genoss. Aber mir rauchte danach der Kopf.
Steffen hat auf seinem Hof auch Fremdenzimmer, wenn jemand Lust hat, ihn zu besuchen. Ich werde bestimmt noch einmal dort einen Besuch machen.
Am Tag darauf fuhr ich weiter Richtung Norden und erreichte nach zwei Tagen die schöne Stadt Marienburg in der Nähe der Grenze zu Estland.
Hallo Hubert, das ist definitiv der Steffen, mit dem ich auf dem Markt Kalnciema in Riga gesprochen habe. Was für ein Zufall, das ist wirklich witzig. Die Welt ist ein Dorf.